Unsere Mitglieder stellen sich vor: Die Zeevi Kichererbsen GmbH
Michelle König
Zeevi Chaimovitch, Jörn Gutowski, Markus Treiber (v.l.n.r.)
„Shan-Tofu“ ist eine Spezialität, die aus dem Osten Myanmars stammt, und im Gegensatz zum klassischen Tofu nicht aus Sojabohnen, sondern aus Kichererbsenmehl hergestellt wird. Von den Shan, die die zweitgrößte Volksgruppe des Landes bilden, wird er schon seit Generationen zubereitet. Die Gründer Zeevi Chaimovitch, Jörn Gutowski und Markus Treiber wollen der proteinreichen Delikatesse auch in Deutschland zu mehr Bekanntheit verhelfen. Deshalb haben sie das Food-Startup Zeevi gegründet. Was genau ihren „Kofu“ zu einem so gesunden, schmackhaften und ökologisch sinnvollen Lebensmittel macht, erzählte uns Zeevi Chaimovitch im BALPro-Interview.
Wie setzt sich Ihr Startup für die Förderung Alternativer Proteinquellen ein?
Wir produzieren in unserer Berliner Manufaktur Kichererbsentofu — eine Spezialität aus Myanmar, die hierzulande noch immer weitgehend unbekannt ist. Kichererbsen wachsen zwar primär in trockenen, subtropischen Gebieten, allerdings ist ihr Anbau auch in Deutschland möglich. Hergestellt wird unser „Kofu“ für den deutschen Markt daher ausschließlich unter Verwendung von regionalen Kichererbsen in Bio-Qualität, die wir von einem Landwirt aus Sachsen-Anhalt beziehen. Dank dieser Zusammenarbeit legen sie zwischen Anbau und Verarbeitung weniger als 200 Kilometer zurück.
Unsere Produkte sind aktuell in vier Sorten erhältlich, vegan, gluten- sowie zuckerfrei und extrem vielseitig einsetzbar. Sie eignen sich einerseits — gekocht, gebraten oder gebacken — für herzhafte asiatische und mediterrane Gerichte, können aber andererseits auch in süßen Rezepten — wie einem veganen Kaiserschmarrn — zum Einsatz kommen. Kichererbsen sind als Hülsenfrüchte zudem natürlich protein- und ballaststoffreich sowie fettarm, enthalten Mineralstoffe, Vitamine und keinerlei Allergene, was unsere Produkte zu einer leckeren und gesunden Mahlzeit macht.
Was motiviert Sie dazu, Kichererbsentofu in Deutschland zu vertreiben, obwohl er hier noch recht unbekannt ist?
In den letzten Jahren ist der Geschmack der Deutschen deutlich internationaler geworden und Gerichte wie Falafel und Hummus sind inzwischen bei immer mehr Menschen ein ganz alltäglicher Bestandteil der Ernährung. Gleichzeitig nimmt die Zahl an Flexitariern, Vegetariern und Veganern immer weiter zu, während der bundesweite Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch 2021 auf 55 Kilogramm gesunken ist — ein historischer Tiefstand. Diese Entwicklungen haben dafür gesorgt, dass Kichererbsen, die vor einigen Jahren noch eine Seltenheit auf deutschen Tellern waren, zunehmend in der kulinarischen Mitte der Gesellschaft ankommen. So ist der Import der Hülsenfrüchte zwischen 2019 und 2020 um rund 7.000 Tonnen gestiegen.
Wir sind daher der Meinung, dass Kichererbsen-basierte Produkte in Deutschland ein enormes Marktpotenzial haben. Deshalb planen wir, unser Produktsortiment zukünftig noch zu erweitern und unterstützen darüber hinaus eine Projektstudie der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde zum Thema „Kichererbsen als regionale alternative Proteinquelle für die menschliche Ernährung in Metropolregionen.“
Welche ökologischen Vorteile hat der Kichererbsenanbau?
Kichererbsen sind äußerst genügsame Pflanzen, die auch mit wenig Wasser und Nährstoffen gedeihen, was unter Berücksichtigung des fortschreitenden Klimawandels ein großer Vorteil ist. Zudem benötigen sie im Gegensatz zu Linsen keine Stützfrucht wie beispielsweise Gerste und lassen sich daher hervorragend in die Fruchtfolge integrieren. Außerdem binden die Pflanzen flüchtigen Stickstoff aus der Luft als flüssiges Ammoniak, was die Bodenqualität verbessert, und sind ein vergleichsweise günstiger Rohstoff, der weltweit in großen Mengen angebaut wird und daher weniger anfällig für Ernteausfälle durch Trockenheit ist.
Wie reagieren Verbraucher auf Ihren Kofu?
Das Feedback ist sehr positiv. Insbesondere Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen auf Soja, Konservierungsstoffe, künstliche Aromen oder Gluten verzichten, wissen zu schätzen, dass unsere Produkte nur aus wenigen, natürlichen Zutaten bestehen und auch für Allergiker bestens geeignet sind. Darüber hinaus schätzen besonders Flexitarier, denen Tofu etwas zu neutral schmeckt, das cremig-nussige Aroma unseres Kofus.
Was wäre Ihrer Ansicht nach zur politischen Förderung Alternativer Proteinquellen nötig?
Die Fleischpreise in Deutschland sind zwar in diesem Jahr aufgrund des Ukraine-Kriegs und den damit einhergehenden erhöhten Futtermittel- und Transportkosten deutlich gestiegen, jedoch sind tierische Produkte immer noch vergleichsweise günstig. Deshalb ist eine wahre Bepreisung der Massentierhaltung dringend nötig.
Hierfür braucht es einen Stopp von einseitigen Subventionen für die Produktion von tierischen Lebensmitteln und eine stärkere Förderung von Unternehmen und Initiativen des Alternativen Proteinsektors. Eine 2021 unter Beteiligung von PETA Deutschland veröffentlichte Studie — die alle öffentlichen Fördermaßnahmen der Erzeugung von Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln berücksichtigte — kam beispielsweise zu dem Ergebnis, dass die Tierwirtschaft jährlich staatliche Förderungen in Höhe von über 13 Milliarden Euro erhält. Dies belegt, dass tierische Lebensmittel auch deshalb häufig günstiger als pflanzliche Produkte sind, weil sie stärker subventioniert werden.
Wie sieht Ihrer Meinung nach die Lebensmittelindustrie der Zukunft aus?
Aktuell dienen weltweit 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen und 40 Prozent der Äcker der Erzeugung von Fleisch- und Milchprodukten, während diese Lebensmittel weniger als 20 Prozent der verfügbaren Nahrungsenergie liefern. In Deutschland fallen hierunter rund 60 Prozent der Ackerflächen und es werden z.B. nur einige 100 Hektar für den Anbau von Kichererbsen genutzt, von denen unser Zulieferer allein knapp 50 stellt. Gleichzeitig ist die deutsche Lebensmittelindustrie, wie der Ukraine-Krieg verdeutlicht hat, in hohem Maße von Rohstoffimporten abhängig.
Dies wird sich drastisch ändern müssen, wenn wir das 1,5-Grad-Ziel nicht verfehlen und eine nachhaltige Proteinversorgung für eine stetig wachsende Weltbevölkerung sicherstellen wollen. So sollten große Ackerflächen künftig primär für den Anbau von Leguminosen und anderer Eiweißpflanzen genutzt werden. Zudem muss sich die Zusammenarbeit zwischen Landwirten und der Lebensmittelindustrie intensivieren, um Lieferketten transparenter, kürzer und effizienter zu gestalten. Außerdem sollte Fleisch in Zukunft nicht nur seltener gegessen werden, sondern auch ausschließlich aus artgerechter Haltung stammen und damit wieder etwas „Besonderes“ werden.
Warum sind Sie Mitglied des Bundesverbandes für Alternative Proteinquellen e.V. geworden?
Wir wollen uns mit anderen Firmen und Institutionen vernetzen, denn wir sind der Meinung, dass eine Agrar- und Ernährungswende hin zu einer pflanzlicheren und nachhaltigeren Proteinversorgung nur gemeinsam gelingen kann. Deshalb freuen wir uns auf Kooperationen mit anderen Mitgliedern und die Durchführung gemeinsamer Aktionen — z.B. zum Tag der Hülsenfrüchte 2023 —, um die Akzeptanz für Alternative Proteinquellen innerhalb der deutschen Bevölkerung weiter zu stärken.