Zulassung von weiteren Insekten in der Europäischen Union | Rechtliche Situation in Deutschland

Christian Bärtsch

Am 24. Januar 2023 ist in der Europäischen Union mit dem entfetteten Pulver der Hausgrille (Acheta domesticus) eine weitere Zulassung für neuartige Lebensmittel (Novelfood) erfolgt. Die Arbeitsgruppe Speiseinsekten des Bundesverbandes für Alternative Proteine (BalPro) begrüsst diese weitere Zulassung. Mittlerweile sind sechs Speiseinsektenanträge zugelassen – die erste Zulassung erfolgte im Sommer 2021. Diese Zulassungen ermöglichen es dem Sektor Fahrt aufzunehmen und mittels der Kreislauffähigkeit unser Lebensmittelsystem zu verbessern.

Die zusätzliche Zulassung hat keine Änderung für den Verkauf in Deutschland zur Folge. Die bisherigen Produkte dürfen weiterhin verkauft werden. Zusätzlich ist es nun so, dass entfettete Grillenpulver eingesetzt werden dürfen. In Deutschland dürfen wie bisher die vier Speiseinsektenarten; Tenebrio molitor (Mehlwurm), Acheta domesticus (Grille), Locusta migratoria (Heuschrecke) und Alphitobius diapernius (Buffalowurm) angeboten werden. Gemäss den Regelungen der Europäischen Union, dürfen diese Speiseinsekten auch in Produkten verarbeitet werden. Die Produkte müssen jedoch klar mit deutschem und lateinischem Namen gekennzeichnet sein und es muss für Kunden erkenntlich sein, dass es sich um Produkte mit Speiseinsekten handelt. Zudem muss auf den Produkten auf das Allergiepotential hingewiesen werden – so können Menschen die allergisch auf Krustentiere und Hausstaubmilben reagieren, auch auf Speiseinsekten allergisch reagieren. Wie bisher gelten strikte Qualitätsanforderungen für die Zucht und die Verarbeitung. 

Speiseinsekten sind eine hervorragende Nährstoffquelle für die menschliche Ernährung. Insekten sind gesund, denn sie sind nicht nur reich an hochwertigen Proteinen mit sämtlichen essenziellen Aminosäuren und können entsprechend gut vom menschlichen Körper aufgenommen werden, sondern enthalten auch wertvolle ungesättigte Fettesäuren (wie Omega 3 und 6), welche beispielsweise auch in Fisch oder in Avocados vorkommen. Zusätzlich sind unentbehrliche Mikronährstoffe enthalten wie Eisen, Kalzium, Magnesium oder Zink und verschiedene A und B Vitamine (inkl. Vitamin B12). In der tiergerechten Zucht der Insekten wird komplett auf Antibiotika und Hormone verzichtet. Zudem sind Insekten in ihrer Zucht sehr ressourceneffizient und dadurch äusserst umweltschonend. So benötigen sie, im Vergleich zur konventionellen Nutztierhaltung wie Rinder, zehnmal weniger Futtermittel, stossen hundertmal weniger CO2 aus und benötigen bis zu 15’000 x weniger Wasser. Insekten werden in «Vertical farming» Systemen gezüchtet und sind somit sehr platzsparend. Und zu guter Letzt sind Insekten auch für die lokale Kreislaufwirtschaft prädestiniert. Die Insekten werden in Europa kosteneffizient gezüchtet und nutzen hier anfallende Seitenströme der Lebensmittelproduktion. So werden Weizenkleie (Restströme aus der einheimischen Mehlproduktion) oder Melasse (Restströme aus der hiesigen Zuckerproduktion) dafür verwendet. Somit ist es möglich hochwertige Lebensmittel für den lokalen Konsum zu produzieren und unsere Restströme «upzucyclen». Neben den Insekten entsteht in der Zucht noch ein hochwertiges Düngemittel, dass in der Landwirtschaft zweckmässig eingesetzt werden kann.

Der Sektor der Speiseinsekten hat sich in den letzten Jahren entwickelt und ein stabiles Fundament erstellt. Basierend auf den Studien und Marktkenntnissen werden in den kommenden Jahren viele spannende Produkte auf dem Markt erhältlich sein und so eine nachhaltige Transition unseres Ernährungssystems unterstützen. 

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