Beim politischen Frühstück dabei von links: Sebastian Ludewig (BALPro), Ivo Rzegotta (GFI Europe), Jan Wilmking (Project Eaden), Katleen Haefele (ProVeg Deutschland), Simon Handschuh (ProVeg Deutschland) und Rick Fischer (GFI Europe) (Bild: Astrid Behrendt Photography)
Der Koalitionsvertrag ist ein Indikator dafür, dass alternative Proteine an politischer Relevanz gewinnen könnten. Beim ersten politischen Frühstück der laufenden Legislaturperiode wurde daher bewusst das wirtschaftliche Potenzial in den Fokus gerückt.
„Wir setzen uns für eine umfassende und ambitionierte EU-Eiweißstrategie ein und stärken den heimischen Anbau von Eiweißpflanzen, um den Import zu verringern. Wir fördern die Entwicklung und Markteinführung nachhaltiger alternativer Proteine.“
So heißt es im Koalitionsvertrag der 21. Legislaturperiode zwischen CDU, CSU und SPD. Am 17. Juni 2025 fand passend dazu im AXICA Kongress- und Tagungszentrum in Berlin das vierte politische Frühstück statt – ein Auftakt, der aufzeigt, wie alternative Proteine wirtschaftliche und ökologische Herausforderungen in Deutschland adressieren können. Organisiert von BALPro gemeinsam mit ProVeg International und The Good Food Institute Europe stand das Event unter dem Motto: „Alternative Proteine und die Frage nach dem wirtschaftlichen Nutzen“. Dabei ging es insbesondere um die Auswirkungen auf Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Standortentwicklung.
Wirtschaftliche Relevanz
Nicht zuletzt Medienberichte über knapper werdende Wasserressourcen – zuletzt im Spiegel im Zusammenhang mit einer aktuellen BUND-Studie – zeigen: Ein Umdenken ist dringend notwendig. Dem differenzierten Teilnehmerkreis aus dem Bundestag, verschiedenen Ministerien und Landesvertretungen wurde aufgezeigt, dass dafür wissenschaftliche Expertise und politische Weitsicht Hand in Hand gehen müssen.
ProVeg–Expertin Katleen Haefele, Director Corporate & Institutional Engagement Deutschland, präsentierte ein breit gefächertes Anwendungsspektrum – von pflanzenbasierten Lebensmitteln bis hin zu Produkten aus der Präzisionsfermentation – und machte klar, welche technologischen Fortschritte bereits erreicht wurden und welche noch bevorstehen. Jan Wilmking von Project Eaden demonstrierte mit dem LEKKA-Schinken, basierend auf innovativer Fasertechnologie, eindrucksvoll, dass Innovation erst dann gelingt, wenn Forschung, Entwicklung, Kapitalisierung, funktionierende Marktmechanismen und ein stabiles regulatorisches Umfeld zusammenwirken. Und Ivo Rzegotta machte klar, dass eine enge Verknüpfung von Landwirtschaft und der Entwicklung alternativer Proteine essentiell ist, damit Deutschland seine wirtschaftlichen und ökologischen Potenziale auch zukünftig voll ausschöpfen kann.
Wie groß das wirtschaftliche und damit politische Potenzial ist, belegen auch aktuelle Studien: Ein Drittel der Deutschen konsumiert bereits pflanzliche Alternativen (NIQ Homescan Consumer Panel, 2025), und 51 Prozent wollen ihre Ernährung grundsätzlich umstellen – sei es durch weniger Fleischkonsum oder durch den vermehrten Verzehr pflanzlicher Lebensmittel (HarrisX-Umfrage, 2025). Die zunehmende Diversifizierung großer Marktakteure zeigt zudem: Die Proteinversorgung muss vielfältiger und krisenresistenter werden.

Politische Weichenstellungen und der Blick in die Zukunft
Der politische Impuls der jüngsten Koalitionsvereinbarungen und das engagierte politische Frühstück stellen wichtige Weichen für die nächsten Jahre. Der Grad der politischen Unterstützung ist entscheidend dafür, wie stark alternative Proteine zur Modernisierung der Ernährungswirtschaft beitragen können. Wie entscheidend wurde beim Frühstück anhand der Systemic-Analyse A Taste of Tomorrow aufgezeigt. Die Publikation, basierend auf 20 Experteninterviews, skizziert verschiedene Szenarien zu den wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen alternativer Proteine in Deutschland bis 2045 – abhängig vom Ausmaß politischer Förderung und Investitionen in den Sektor. Die zentrale Botschaft: Der Grad der Unterstützung macht den Unterschied.

Der Auftakt in Berlin markiert nicht nur den Beginn einer neuen Legislaturperiode, sondern auch den Start einer intensiven Auseinandersetzung mit den Potenzialen alternativer Proteine. Politische Unterstützung, technische Innovationen und ein funktionierendes Zusammenspiel der verschiedenen Sektoren können maßgeblich dazu beitragen, Deutschland krisenresistenter und nachhaltiger zu machen – ganz im Sinne einer zukunftsfähigen Ernährung.
Ein besonderer Dank gilt unseren Partnern: ProVeg Deutschland, vertreten durch Simon Handschuh, sowie The Good Food Institute Europe, mit Ivo Rzegotta und Rick Fischer, die maßgeblich zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben.